Der Genuss eines Mohrenkopfes ist für mich wie eine Zeitreise zurück in die Kindheit und Jugend. In ein Land vor langer Zeit, als es noch keine Schokoküsse und Schaumküsse gab. Und wenn man am Büdchen dann seinen Mohrenkopf (der Groschen reichte leider nur für eins dieser köstlichen Leckerei) bestellte, kam auch niemand auf die Idee, die Rassismuskeule zu schwingen.
Aber zurück zu meinem Mohrenkopf, den mag ich nämlich als praktizierender Christ noch aus einem weiteren Grund. Mit Mohrenkopf wird auch das Portrait des heiligen Mauritius bezeichnet. Der firmierte auch unter den Namen St. Maurice oder schlicht Moritz, was dann abgekürzt zu Mohr wurde. Gelebt hat er im 3. Jahrhundert. Und als Anführer der Legio Thebaica Roms weigerte er sich, Christen ihres Glaubens wegen zu töten. Das kostete ihn sein eigenes Leben, denn er wurde wegen Befehlsverweigerung hingerichtet.
Mauritius, der Moritz, der Mohr, war Afrikaner. Sein dunkles Konterfei ziert als Standbild den Magdeburger Dom. Im Wappen des Bistums München und Freising ist er als Schutzheiliger abgebildet. Und so schaffte er es gar in das Wappen Papst Benedikts XVI, dem vormaligen Kardinal Joseph Alois Ratzinger.
Mauritius galt in seiner Zeit als Heilkundiger, weshalb ihn später der Berufsstand der Apotheker als Schutzpatron auswählte. Moritzkirchen, Mohren- oder Moritzapotheken erinnern also an einen aufrechten gläubigen Menschen, der sich der Christenverfolgung entgegenstellte. Und aus dieser linguistischen Tradition leitet sich auch der Begriff Mohrenkopf für die eingangs erwähnte Süßigkeit ab. Und das soll rassistisch, herabwürdigend oder neokolonialistisch sein?
Da mangelt es den selbsternannten Vertretern einer pseudo-intellektuellen Sprachpolizei doch ganz augenscheinlich an historischem Wissen. Wie schade! Natürlich muss man die Geschichte des Mauritius nicht kennen, jeder darf den Radius seiner Allgemeinbildung individuell definieren. Aber Unkenntnis in Tateinheit mit einem Überlegenheitsgestus ergibt eine unheilvolle geistige Melange. Das produziert wiederum nur weitere sprachliche Kapriolen wie „Schaumwaffel mit Migrationshintergrund“ und ähnlichen Unsinn.
Wenn Sprache als Megaphon der Hysterie von einer Minderheit missbraucht wird, dann mag ein Ratschlag meiner lebensklugen Großmutter hilfreich sein: nicht einmal ignorieren. Am 22. September feiert der Mohr seinen Gedenktag. Und ich werde auf sein Wohl einen oder mehrere Mohrenköpfe vertilgen – mit Genuss und ohne schlechtes Gewissen. Machen Sie es doch auch so.
Guten Appetit und bleiben Sie behütet!
U. Riel