Evangelische Gemeinde Pattaya

Das theologische Leitbild unserer Gemeinde orientiert sich an dem „20 Punkte-Programm“ des Theologen Prof. Dr. Siegfried Zimmer, der in diesem zusammenfasste, was ihm im Blick auf eine Erneuerung des christlichen Glaubens besonders wichtig erschien. Mit „Erneuerung“ ist dabei eine Belebung und Erfrischung des Glaubens gemeint, die uns aus alten Gewohnheiten und Verkrustungen befreit und in derer sich das ABC des Glaubens noch einmal neu durchbuchstabieren lässt. Sich dafür einzusetzen, halten wir, wir auch Prof. Zimmer, in der gegenwärtigen Situation für angemessen, lohnenswert, wenn nicht gar zwingend notwendig.

Zu einer Erneuerung gehört es auch, das Alte neu zu entdecken. Ein klares Profil soll dazu dienen, in unserer ökumenisch orientierten und ausgerichteten Gemeinde einen möglichst breiten Konsens unter uns Christen erreichen. Es geht hierbei im Wesentlichen um eine produktive, qualifizierte Verbindung von Bewährtem bzw. Unverzichtbarem mit Zeitgenössischem und mit Entwicklungen, die auf uns zukommen. Das Leitbild der Evangelischen Gemeinde Pattaya will nicht belehren, sondern vor allem motivieren und zur Diskussion einladen.

Unser Handeln und unser Glaube ist konzentriert und gegründet auf Jesus Christus, dem Erfreulichsten und Glaubwürdigsten was Christen in religiöser Hinsicht kennen, weil er den Menschen Gott nahebringt und sie auf einzigartige Weise für Gott gewinnen kann. Mit Jesus Christus steht und fällt der christliche Glaube. Ohne ihn gäbe es keinen christlichen Glauben. Entscheidend für das Christsein sind nicht Moral, bestimmte Programme, Fragen des Lebensstils oder der Weltanschauung – so wichtig diese Aspekte im Einzelnen auch sein mögen – sondern entscheidend ist dieser Mann. Was er gesagt und getan hat, wie er starb und wie Gott an ihm gehandelt, ihn von den Toten auferweckt hat, ist für Christen maßgebend. Es geht darum, dass dieser Mann uns auf tiefere Weise beeindruckt und berührt, wir ihm vertrauen lernen und durch ihn zu Gott finden. Das wird sich auf alle Lebensbereiche auswirken.

Unser Handeln und unser Glaube ist ausgerichtet auf Gott, dem Grund aller Wirklichkeit. Alles was ist, verdankt sich ihm. Er ist das faszinierende Geheimnis des Lebens, das große Abenteuer des Daseins, das unerwartete Versprechen. Er ist der Menschenfreund, weil er die Liebe ist. Es kann uns nichts Besseres passieren als Gott. Das Leben ist etwas Gutes – auch wenn es sich leider häufig anders anfühlt -, weil es von einem Guten kommt. Gott als Grund der Wirklichkeit bürgt dafür, dass alles einen Sinn und ein Ziel hat. Auch wenn leider Vieles schroff dagegen spricht. Der Mensch kann und soll sich kein Bild von Gott machen, weil Gott sich dem Vorstellungsvermögen und dem Zugriff des Menschen entzieht. Der Mensch ist anfällig dafür, die Berufung auf Gott für eigene Interessen auszunutzen und auch politisch zu instrumentalisieren. Der Mensch kann mit dem Wort „Gott“ Schindluder treiben und hat es schon häufig getan. Darum müssen alle religiösen, auch christlichen Glaubensvorstellungen und deren Auswirkungen immer wieder neu, kritisch geprüft werden.

Unser Handeln und unser Glaube fußt auf dem Vertrauen auf das Wirken des Heiligen Geistes und im Vertrauen auf unsere Beziehung zu Gott im Gebet; der Heilige Geist schafft Gemeinschaft (Gemeinde) und bewirkt eine schöpferische Vielfalt in den Ausdrucksformen des Glaubens. Er ermutigt, weckt Sehnsucht und Neugier. Er fördert ein achtsames, rücksichtsvolles Miteinander ohne Herrschaft von Menschen über Menschen.

Unser Handeln und unser Glaube orientiert sich an der Botschaft der Bibel als unerschöpfliche Quelle der Inspiration; ist gekennzeichnet durch neue und vertiefte Zugänge zu den Texten der Bibel, ihrer sorgfältigen Interpretation unter angemessener Beachtung der damaligen (kultur)geschichtlichen Zusammenhänge und des inzwischen eingetretenen geschichtlichen Wandels. Es gibt keine Erneuerung des christlichen Glaubens ohne neue Zuwendung zur Heiligen Schrift. Martin Luthers sola scriptura („allein die Schrift“) ist gerade auch in modernen, pluralistischen Gesellschaften unverzichtbar. Jesus Christus ist die Mitte der Heiligen Schrift und der Maßstab für ihre Auslegung. Man kann allerdings auch die Bibel missbrauchen. Nicht wenige Menschen wurden im Namen der Bibel in eine religiöse Enge und Angst geführt.

Unser Handeln und unser Glaube geschieht in Bewunderung der Schöpfung und in der Freude an ihr; im Verbundenheitsgefühl mit allen Geschöpfen Gottes und in Verantwortung für die Schöpfung. Das Geschaffen-sein verleiht allen Geschöpfen Gottes, auch der Schöpfung insgesamt, eine unverlierbare Würde.

Unser Handeln und unser Glaube geschieht im Ernstnehmen des Bösen: keine Verharmlosung oder Unterschätzung der zerstörerischen Kraft des Bösen, dennoch keine Angst vor dem Bösen, sondern Zuversicht in Gottes Handeln; geschieht auch im Ernstnehmen des unschuldigen Leids, das uns sprachlos machen kann und angesichts dessen wir keine Antwort haben.

Unser Handeln und unser Glaube vollzieht sich mit realistischem Blick für die Verstrickung des Menschen in Schuld (Sünde), im Bewusstsein der Verantwortung des Menschen vor Gott, auch nach dem Tod; ist getragen von der Barmherzigkeit Gottes als Basis aller unserer Zuversicht. Die Erfahrung des Schuldigwerdens gehört in allem geschichtlichen Wandel zu den bleibenden Kennzeichen des Menschseins.

Unser Handeln und unser Glaube geschieht im Betonen des Geschenkcharakters des Glaubens und seiner befreienden Kraft: Befreiung des Gewissens aus gesetzlichen Zwängen, Befreiung zur Dankbarkeit und zum Tun des Guten sowohl im privaten als auch im gesellschaftlichen Bereich. Der Mensch kann den Glauben nicht machen. Der Glaube ist ein unverdientes Geschenk. Deshalb hat ein Christ keinen Grund, über Nichtchristen abwertend zu sprechen.

Unser Handeln und unser Glaube geschieht in der Bereitschaft zu gesellschaftspolitischer Mitverantwortung: Der Barmherzigkeit verpflichtet und dem Bemühen um Recht, Gerechtigkeit und Frieden. Ein Christ darf sich an Unrecht nicht gewöhnen und darf Unrecht nicht verharmlosen. Die weite Verbreitung von Armut, Hunger und Elend ist für Christen eine fundamentale Herausforderung und Bewährungsprobe.

Unser Handeln und unser Glaube geschieht auch im Wissen um die spezifische Rolle der Kinder. In der Botschaft Jesu haben Kinder eine einzigartige Bedeutung. Gott steht zu Kindern in einer besonderen Beziehung. Die Zuwendung zu Kindern, deren Förderung und Pflege ist von herausragender Bedeutung. Es gibt für die Christenheit und die Gesellschaft keinen größeren Schaden als die Vernachlässigung und den Missbrauch von Kindern. Zu einer Erneuerung des christlichen Glaubens gehört eine psychisch gesunde christliche Erziehung, die Kinder nicht in die Enge führt, sondern ihnen einen weiten Horizont und ein stabiles Selbstwertgefühl ermöglicht.

Unser Handeln und unser Glaube vollzieht sich in allgemeinverständlicher Sprache, anschaulich und kurzweilig, informativ, aber vor allem auch die Herzen berührend, ohne akademische Fachsprache, ohne amtskirchliche Insidersprache.

Unser Handeln und unser Glaube geschieht in besonderer Verbundenheit mit dem jüdischen Glauben als unserer Wurzel. Jesus aus Nazareth war ein Jude. Juden und Christen gemeinsam sind nach biblischer Sicht das Volk Gottes. Die jüdische Bibel – die wir Christen „Altes Testament“ nennen – ist nicht etwa nur die Vorstufe zum Neuen Testament, sondern dessen Basis. Wir suchen und praktizieren den fairen und freundlichen Kontakt und Dialog mit anderen Religionen und sind engagiert im interreligiösen Lernen.

Unser Handeln und unser Glaube basiert auch auf der Wertschätzung von Bildung und Wissenschaft. Bildung wird hier nicht verstanden im Sinn von Prestige und Status, sondern das Ziel ist Bildung für alle; geschieht in der Zusammenarbeit mit der Universitätstheologie, mit kritischer Wahrnehmung derjenigen christlichen Gruppen, die – direkt oder indirekt – bildungsfeindliche Tendenzen haben und ein Schwarz-Weiß-Denken bzw. das Entstehen von Vorurteilen und Feindbildern begünstigen.

Unser Handeln und unser Glaube äußert sich auch in der Würdigung von Kunst, Kultur und Körper: z.B. von Fantasie, Kreativität, Rhythmus, Bewegung; geschieht in der Förderung der unterschiedlichen Talente. Keine Abwertung des Körperlichen gegenüber dem Seelischen.

Unser Handeln und unser Glaube ist sowohl emotional und sinnlich geprägt als auch durch denkerische Qualität in der Freiheit des Denkens und Fragens. Die Vernunft ist genauso ein Geschenk Gottes wie der Glaube. Deshalb widersprechen und behindern sich für Christen glauben und denken nicht, sondern ergänzen, bereichern und korrigieren bzw. klären sich gegenseitig.

Unser Handeln und unser Glaube ist nah am heutigen Leben, einladend und verbindlich, weltoffen statt altmodisch, mutig statt ängstlich.

Unser Handeln und unser Glaube geschehen in der Freude am Lernen, am Entwickeln der eigenen Persönlichkeit, am Überwinden von Vorurteilen bzw. Feindbildern. Hunger nach Qualität ist besser als schnelle Zufriedenheit. Entdeckerlust ist besser als bloße Anpassung an das Gewohnte. Zur Erneuerung gehört aber auch die Bereitschaft zur Selbstkritik und Selbstrelativierung. Bescheidenheit ist das Siegel der Wahrheit.

Unser Handeln und unser Glaube respektieren die Traditionen der volkskirchlichen  Gottesdienste.  Andererseits sind wir ebenfalls bemüht, uns in Liturgie, Sprache, Musik bzw. Liedgut am Lebensgefühl der heutigen Menschen zu orientieren. So findet u.a. auch Popularmusik regelmäßig Eingang in unsere Gottesdienste. Langweilige Gottesdienste sind ein Widerspruch in sich selbst.

Unser Handeln und unser Glaube werden auch in den Predigten deutlich, die sich stärker an säkulare Menschen wenden und keine Vorkenntnisse voraussetzen. Sie sind vor allem glaubensweckend und vergewissernd. Die Fragen „Wie entsteht Interesse an Gott und am christlichen Glauben? Inwieweit ist ein Leben mit Gott angemessener, sinnvoller und beglückender als ein Leben ohne Gott?“ werden immer wichtiger und wollen beantwortet werden.

Unser Handeln und unser Glaube vollziehen sich weder im Rahmen konservativer bzw. evangelikaler, noch im Rahmen liberaler Theologie und Frömmigkeit. Gelebter Glaube vermag diese Polarisierung zu überwinden und lässt sie hinter sich. Sowohl die konservative als auch die liberale Theologie und Frömmigkeit beinhalten berechtigte und wertvolle Aspekte, die volle Anerkennung verdienen. Beide sind aber auch beeinträchtigt durch erhebliche Einseitigkeiten und Ausblendungen. Wichtig ist die Gesprächsbereitschaft nach beiden Seiten. Brücken bauen ist besser als Gräben aufreißen und Schubladendenken. Auch wenn es nicht zuletzt darum geht, religiöse Engstirnigkeiten zu überwinden und dafür gegebenenfalls auch energisch zu kämpfen, bleibt es dennoch von grundlegender Bedeutung, das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Einheit aller Christen zu stärken. Mit „Einheit“ der Christen ist keine lehrmäßige Einheit gemeint. Die haben wir in 2000 Jahren nicht erreicht und werden sie auch in absehbarer Zeit nicht erreichen, sondern eine vom Heiligen Geist gewirkte Einheit der Herzen.

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